“So wird ein Schuh daraus!” – Wer kennt es nicht, dieses Sprichwort, das besagt, dass etwas auf seine Weise perfekt ist? Nun, die Sache mit dem Schuhwerk ist schon lange nicht mehr so in Ordnung.
Ein alter Schuh
Man mag es kaum glauben, aber es ist tatsächlich so: Schuhe gibt es beinahe schon genauso lange wie es Menschen gibt, also seit es den modernen Menschen gibt. Und den modernen Menschen, also den Homo sapiens, gibt es ja immerhin schon seit gut 200.000 Jahren. Der älteste Fund, der mit einem menschlichen Schuhwerk in Verbindung gebracht wird, ist mittlerweile auch schon knapp 120.000 Jahre alt. Ja, an den Füßen hat eben noch keiner gern gefroren, auch nicht die Neandertaler. Gegen die Eiseskälte der letzten Kaltzeit, die an ihrem Ende vor circa 30.000 Jahren dann auch den letzten Neandertaler dahinraffte, trugen die ersten Höhlenmenschen nämlich schon Felle um die Füße gewickelt. Meistens zogen sich die Tierfelle hoch bis an die Waden, sodass man sagen kann, die ersten Schuhe waren quasi eine Art Stiefel.
Wodurch die Felle genau zusammengehalten wurden, ist leider nicht vollständig bekannt. Allerdings muss es sich dabei um einen Vorläufer des heutigen Schnürsenkels gehandelt haben. Fest steht, dass auf jeden Fall schon der mumifizierte Ötzi Schuhe mit Schnürsenkeln trug. Ob sich die Menschen damals auch schon mit dem Phänomen herumschlagen mussten, dass sich ein gerade frisch geschnürter Schnürsenkel mit einem vorbildlichen Knoten nach ein paar Schritten wieder löst? Wer weiß! Zumindest macht an dieser Stelle mit einem Augenzwinkern die Redewendung “auf den Senkel gehen” irgendwie Sinn, findet ihr nicht? Es gibt allerdings tatsächlich Untersuchungen dazu, mit denen man herausfinden wollte, was sich hinter diesem Mysterium verbirgt. Ein amerikanisches Forschungsteam hat mit Hilfe von Laufbandexperimenten und Highspeedkameras versucht den Knoten zu lösen. Ob es ihnen gelungen ist? Das einschlägige Forschungsergebnis findet ihr in den Weiten des Internets!
Im Laufe der Zeit haben sich aus den primitiven Schuhwerken immer modernere und aufwendiger verarbeitete Schuhe entwickelt. Gelten die Römer bis heute unangefochten als Erfinder der Sandale, so durchlief der Schuh auf allen Kontinenten seine eigene Geschichte. Bis weit ins 16. Jahrhundert hinein liefen die Menschen noch weitestgehend ohne Absatz. Erst im 17. Jahrhundert wagte die Modewelt auf plateauartigen Sohlen den Vorstoß in die Moderne. Im Zuge der Industrialisierung wurden Schuhe dann nicht nur im Ladenregal immer günstiger, sondern auch in der Herstellung. Aus dem ehemaligen Statussymbol Schuh aus echtem Leder wurde plötzlich durch den Einsatz von Verbundwerkstoffen billige Massenware. Mittlerweile werden immer mehr synthetische Stoffe eingesetzt und statt Schuhe ordentlich zu nähen, werden ihre einzelnen Bestandteile miteinander verklebt. Was das alles jedoch für die Umwelt bedeutet, davor laufen die meisten Menschen immer noch auf und davon.
Ohne Schuhe hätten wir manchmal ganz schön kalte Füße!
Es stinkt zum Himmel
Dass Kunststoff, Kleber und Lösungsmittel nicht unbedingt umweltfreundlich sind, weiß heutzutage jedes Kind. Auch dass bei der Herstellung von Schuhen giftige Substanzen eingesetzt werden, ist längst kein Geheimnis mehr. So muss für die Produktion von Lederschuhen zunächst die Tierhaut gegerbt werden, wodurch das Material schließlich elastisch und haltbar gemacht wird. Nach einer Vorbehandlung wird das Leder in der Regel unter Einsatz von sogenannten Chrom-III-Salzen gegerbt. Chrom-III-Sulfat ist ein Salz der Schwefelsäure und gilt als gesundheitlich unbedenklich. Wird das Leder allerdings unsachgemäß gegerbt, entsteht Chrom VI, ein Chromat, das als hochgradig umweltschädlich und krebserregend gilt. Was also in einer Produktionsstätte in einer Industrienation kein Problem darstellen sollte, ist hingegen ein großes Problem in Asien und Dritte-Welt-Ländern.
Vor allem in Indien, Bangladesch und China finden sich kaum bis keine Produktionsvorgaben für den Herstellungsprozess von Leder. Im Klartext heißt das, dass Gesundheit und Umweltschutz dort keine große Rolle spielen. Dafür, dass über die Hälfte aller Lederprodukte in diesen Ländern – ohne jegliche Rücksicht auf die Gesundheit der Menschen, den Schutz von Grundwasser und vieles mehr – gegerbt wird, ist das ganz schön schlecht für die Ökobilanz. Bei billigen Schuhen, die entweder ganz oder teilweise aus Leder bestehen, kann man also nicht davon ausgehen, dass es sich dabei um ein gesundheitlich unbedenkliches Produkt handelt. Dabei gibt es sogar schon einige interessante Alternativen: Einerseits zum Leder an sich, andererseits hinsichtlich der Gerbstoffe. So ist es heutzutage auch möglich, Leder mit pflanzlichen Stoffen wie Baumrinden oder anderen Pflanzenextrakten zu gerben.
Übrigens: Es gibt auch Produkte, die zwar wie echtes Leder aussehen, aber komplett ohne Tierhaut auskommen und aus Pflanzenfasern hergestellt werden. Dazu gehört zum Beispiel “veganes Leder” oder “vegetarisches Leder” aus den Fasern von Ananas-Blättern, Eukalyptus-Blättern, Pilzfasern und anderen Rohstoffen. Sogar Kork lässt sich zu Produkten mit einer Leder-Optik verarbeiten.
Alte Schuhe neben dem Müll – vielleicht kann sie ja noch wer gebrauchen!
Der Knoten muss platzen
Doch nicht nur Leder ist neben dem verursachten Tierleid durch seine giftigen Zusätze während der Verarbeitung bedenklich, auch Schuhe mit einem hohen Anteil Kunststoff und Synthetik beziehungsweise Kunst- und Chemiefasern sind nicht weniger umweltbelastend. In einem Monitoring des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit untersuchen Bund und Länder seit 1995 regelmäßig Lebensmittel, Kosmetik und Bedarfsgegenstände auf gesundheitlich bedenkliche Inhaltsstoffe. In einem jährlichen Bericht werden die Ergebnisse aus dem jeweils vorangegangenem Jahr vorgestellt. Nach dem letzten Bericht aus dem Jahr 2018 befinden sich in Schuhen unzählig viele giftige Substanzen wie das bereits erwähnte Chrom VI oder auch die gefährliche Chemikalie PAK (PAK ist die Abkürzung für polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe). Aber nicht nur bei Schuhen, sondern auch bei allen anderen Gegenständen mit Kunststoff oder Plastik ist PAK ein Problem.
Wer jetzt noch an Nachhaltigkeit denkt, hat eigentlich schon verloren. Wenn man davon ausgeht, dass die meisten Verbraucher in Deutschland mehrere Paar Schuhe im Jahr kaufen, fällt am Ende ein ganzer Haufen Schuhe an, der auch wieder entsorgt werden muss. Nach diesem Artikel ist es meines Erachtens wenig ratsam, die ausgedienten Treter einfach wegzuwerfen, denn so ein Chemiecocktail gehört mitnichten in den Hausmüll. Aber es stellt sich durchaus die berechtige Frage: Wohin bloß mit den alten Latschen? Besser ist es, die Schuhe in eine Tüte zu packen und in einem Altkleidercontainer zu entsorgen. Steckt hinter dem Altkleidercontainer ein seriöses Unternehmen, dann landen die Schuhe in einem sogenannten Textilsortierwerk. Dort werden Kleidung und Schuhe in die Kategorien “tragbar” und “nicht tragbar” eingeteilt. Alles, was in die Kategorie “tragbar” fällt, wird wiederum nach Asien oder in die Dritte-Welt-Länder weiterverkauft, sodass die Schuhe dort noch als brauchbares Schuhwerk weiter ihren Zweck erfüllen. Alles, was “nicht tragbar” ist, landet letzten Endes doch in der Müllverbrennungsanlage.
Übrigens: Noch ist es kaum bis sehr schwer möglich, Schuhe tatsächlich vollständig zu recyceln. Es gibt jedoch erste Versuche, einen Schuh durch Schreddern und Materialsplitting bestmöglich in seine Einzelteile zu zerlegen, um diese wiederum für neue Produkte wie zum Beispiel Fußmatten aus Gummi wiederzuverwenden.
Drin ist, was in ist? Das gilt bei Schuhen und auch bei Gummistiefeln leider nicht!