Vom Unrecht am Unkraut

Unkraut ist das Unwort eines jeden begeisterten Hobbygärtners, der dem meistens sehr verhassten Übel mit allen Mitteln an die Wurzel will. Dagegen ist leider noch kein Kraut gewachsen! Oder vielleicht doch?

Dem Unkraut blüht Unrecht

Wer würde nicht am liebsten dem ganzen Grünzeug, dessen Anblick beim Betreten einer Rasenfläche, eines Gartens oder einer Parkanlage unser ästhetisches Empfinden stört, sofort mit wirksamen Mitteln zur Bekämpfung zu Leibe rücken? Unkraut wuchert ja dummerweise auch immer genau an den Stellen, wo es sich gerade nicht ausbreiten soll. Wir haben es nicht eingeladen, wir wollen nicht, dass es bleibt, aber es kommt ständig ungefragt in unser Blumenbeet und geht auch kaum wieder weg. Was tun?, fragen sich viele Hobbygärtner und erkundigen sich wutentbrannt über diverse Bekämpfungsmittel gegen die unliebsamen Wucherungen in ihren Nutz- und Zierflächen.

Die manuelle Methode: Hierbei wird den Unkräutern ordentlich auf die Pelle gerückt und bestenfalls das Übel bei der Wurzel gepackt. Es wird gejätet, gerupft und gezogen, was das Grünzeug hergibt. Zugegeben, diese Methode ist mit Sicherheit durchaus schweißtreibend, aber das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die Wiesenflächen, Blumen- und Gemüsebeete strahlen plötzlich unkrautfrei in neuem Glanz und freuen für einen kurzen Augenblick das Hobbygärtnerherz – bis nach einiger Zeit frisches Grün durch die Erdoberfläche schießt!

Die chemische Keule: Hierbei soll dem Unkraut bestenfalls der komplette Garaus gemacht werden. Es wird schlimmstenfalls alles versprüht, was das Herbizid hergibt. Zugegeben, diese Methode erscheint so wunderbar einfach, aber das Ergebnis kann sich definitiv nicht sehen lassen. Die behandelten Flächen mögen zwar für eine Weile ebenfalls unkrautfrei sein, aber die ökologischen Auswirkungen hinsichtlich der Biodiversität respektive des vieldiskutierten Artenrückgangs bei Bienen und anderen Insekten sowie auch das damit verbundene Vogelsterben verbieten eine solche Anwendung nahezu von selbst!

Die Nutzung von Unkraut: Zum Beispiel als Futterpflanze für Tiere oder essbares Kraut für die heimische Küche beziehungsweise als Heilkraut für die eigene Hausapotheke. Zugegeben, diese Methode erscheint auf den ersten Blick ungewöhnlich, aber wenn man sich einmal näher damit befasst, dann erkennt man darin das häufig so verkannte Potenzial der zu Unrecht als Unkraut verschrienen Pflanzen – und genau darum geht es im heutigen Artikel!

Löwenzahn (Taraxacum officinale): Oft ein Dorn im Auge des Hobbygärtners und dabei ein vielmals übersehener Allrounder. Essbar sind seine Blätter, Blüten und Wurzeln roh oder gekocht als Salat oder Gemüse, verarbeitet zu Gelee oder Pesto. Seine heilende Wirkung als Tinktur oder Tee bei Magen-, Leber- und Gallenbeschwerden u. v. m. ist seit der Antike bekannt.

Unkräuter als (essbare) Heilpflanzen

“Was der Bauer nicht kennt, das isst er nicht”, so lautet ein gängiges Sprichwort und bezeichnet damit auch schon anschaulich den Kern der Sache. Vieles von dem lästigen Grünzeug in unserem Garten oder eben auch in der freien Natur ist uns einfach nicht mehr bekannt in seiner Funktion als Lebensmittel oder anderweitiges Mittel für einen Beitrag zur Heilung und Gesundheit des menschlichen Körpers. So beschrieb schon der griechische Arzt Dioskurides im 1. Jahrhundert in seinem Hauptwerk Materia Medica die Wechselwirkung zwischen etlichen Kräutern und dem menschlichen Körper. Seine Arzneimittellehre, die neben pflanzlichen auch tierische und mineralische Stoffe umfasst, bietet insgesamt circa 1.000 ausgemachte Arzneimittel und weit über 4.000 medizinische Anwendungen. Nicht umsonst gilt Dioskurides aufgrund dessen als Wegbereiter der Entstehung einer modernen Pharmazie.

Die zu medizinischen Zwecken verwendeten Pflanzen nennt man in diesem Sinne auch Heilpflanzen, da ihre Pflanzeninhaltsstoffe Wirkstoffe enthalten, die körperliche Leiden lindern oder gegebenenfalls auch heilen können. Heute werden die wissenschaftlichen Aspekte von pflanzlichen Arzneimitteln auf europäischer Ebene zusammengetragen und dokumentiert. Der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel Committee On Herbal Medicinal Products erstellt sogenannte Monographien, in denen

“a herbal substance and its preparations intended for medicinal use”

evaluiert und positive sowie negative Wirkweisen festgehalten werden. Es sind allerdings bei Weitem noch nicht alle Heilpflanzen in diesen Monographien erfasst. Zur Zeit existieren etwa 150 solcher Dokumentationen, die auf der offiziellen Webseite der Europäischen Arzneimittel-Agentur European Medicines Agency einzusehen sind. Die pflanzlichen Arzneimittel sind dabei in unterschiedlicher Darreichungsform erhältlich: Je nach Herstellungsverfahren, bei dem der als Arzneimittel verwendete Pflanzenteil entsprechend extrahiert und zum Endprodukt weiterverarbeitet wird, zum Beispiel in flüssiger Form als Tee, Saft oder Tinktur, in getrockneter Form als Puder oder in fester Form als Globuli sowie Tabletten und nicht zuletzt als Creme, Salbe oder anderweitige Paste.

Aber auch im Internet existieren viele Seiten mit ausführlichen Informationen über Wildpflanzen und Heilkräuter. In diversen Online-Lexika werden diese Pflanzen ausführlich beschrieben und ihre unterschiedlichen Verwendungsmöglichkeiten vorgestellt. Neben traditionellen einheimischen Pflanzen existieren auch exotische oder neue Züchtungen, die meistens mit ihrem lateinischen und/oder deutschen Namen genannt werden. Beim Lesen dieser Beschreibungen fällt auf, dass das alles zwar irgendwie so leicht und einfach klingt, doch wer schonmal in seinem Garten vor besagtem Grünzeug stand, der tut sich bisweilen etwas schwer mit einer genauen Bestimmung anhand einer bildlich skizzierten Darstellung in einem Lexikon oder auf einer Internetseite. Aber es gibt eine weitere Möglichkeit, sich der geheimnisvollen Kräuterwelt vorsichtig anzunähern.

Goldmelisse (Monarda didyma), auch Indianernessel genannt: Im Gegensatz zu Löwenzahn aufgrund ihrer Blütenpracht bei Hobbygärtnern eher beliebt. Ihre frischen Blätter und jungen Sprossen lassen sich hauptsächlich in frischer oder getrockneter Form als Gewürz oder als Tee verwenden. Ihre schon den Indianern bekannte Heilkraft als Tinktur liegt u. a. in der antiseptischen Wirkung bei Hauterkrankungen und Infektionen im Mund- und Rachenraum.

Die Welt der Kräuter

Auf sogenannten Kräuterwanderungen, die häufig von ausgebildeten Kräuterpädagogen oder Biologen durchgeführt werden, lernt man die umfassende Welt der Kräuter kennen. Inhaltlich sind diese Wanderungen oftmals neben der medizinischen Sicht auf die Kräuter auch mythologisch und/oder kulinarisch geprägt. Je nach Angebot lernen die Teilnehmer einer solchen Veranstaltung unzählige Hintergründe und Geschichten rund um die Welt der Kräuter kennen und natürlich auch, wo diese Kräuter zu finden sind, zu welcher Jahreszeit sie wachsen und welche Besonderheiten es beim Sammeln zu beachten gibt. Ganz besonders stehen aber natürlich auch deren Verwendungszwecke sowie Merkmale zur Bestimmung und ihre Verwechslungsgefahren im Vordergrund, was für ein umfangreiches Wissen über Kräuter und später für ein eigenständiges Sammeln dergleichen unabdingbar ist.

Damit eröffnet sich dem kräuterinteressierten Menschen ein spannender Umgang mit Kräutern als Nutzpflanzen, aus denen sich zum einen leckere Lebensmittel wie Gewürze, Marmeladen, Gelees, Säfte, Liköre und Tees herstellen oder die sich zu schmackhaften Salaten, Suppen oder Pestos verarbeiten lassen. Zum anderen erfahren Kräuterinteressierte alles über die Verwendungsmöglichkeiten der Pflanzen als Hygieneartikel und wie sie zu Shampoos oder Seifen weiterverarbeitet werden können sowie selbstverständlich auch über ihre oben genannten Eigenschaften als arzneimittelwirksame Heilpflanzen. Wer öfter an solchen Seminaren oder Workshops teilnimmt, lernt stetig die umfangreichen Möglichkeiten von Kräutern kennen und kann sich schon bald ein ganzes Repertoire an Rezepten und Herstellungsverfahren anlegen. Damit steht dann auch der hauseigenen Kräuterküche bald nichts mehr im Wege!

Übrigens: Wer sich alleine auf Kräuterwanderung begibt, sollte unbedingt erfahren genug sein und die einzelnen Pflanzen genau voneinander unterscheiden können, um so eine Verwechslungsgefahr mit gegebenenfalls ähnlichen, aber giftigen Pflanzen auszuschließen. Auch sollten keine Pflanzen gesammelt werden, die sich in Straßennähe befinden oder die dort wachsen, wo sie eventuell durch Dünge- oder giftige Spritzmittel wie Pestizide verunreinigt sind. Besonders ist auch im Sinne der Nachhaltigkeit darauf zu achten, dass, sofern es sich um seltene Pflanzen handelt, mit ihrem Bestand sorgsam umgegangen wird und sie so der Natur und Tierwelt erhalten bleiben.

Schnittlauch (Allium schoenoprasum): Die Pflanze ist den meisten Hobbygärtnern als einfaches Küchenkraut bekannt und findet sich neben Petersilie oft in vielen Gemüsebeeten wieder. Seine kulinarische Verwertung findet er besonders als frisches Schnittkraut in Kräuterdips oder Salaten. Als Heilpflanze wird dem Schnittlauch eine antimikrobielle Wirkung nachgesagt, die angeblich eine vor Krebs schützende Eigenschaft besitzt.

Grundrezepte für Tinkturen, naturheilkundliche Öle und Tees

Tinktur

Anwendungsgebiete: Erkältungen, Husten, Magenschmerzen, Entzündungen, Unruhe

Die Tinkturen dienen der Linderung diverser Leiden und können pur (10-20 Tropfen) oder mit Wasser verdünnt (20 Tropfen auf 100ml Wasser) aufgenommen werden.

Kräuter: Fenchel oder Kamille (Erkältung), Thymian oder Salbei (Husten), Magenbitter (Magenschmerzen), Arnika (Entzündungen), Baldrian (Unruhe)

Herstellung: Das gesammelte frische Kraut wird gründlich kleingehackt. Anschließend wird im folgenden Mischverhältnis die Tinktur hergestellt: 1/3 des Krauts wird mit 2/3 hochprozentigem Alkohol (am besten 40%iger Korn oder Wodka) in einer gut verschließbaren Flasche vermengt und je nach gewünschter Intensität für 2-4 Wochen an einen sonnigen, warmen Ort gestellt. Der Alkohol löst nach und nach die Inhaltsstoffe aus den Pflanzen und die Sonneneinstrahlung beschleunigt diese Extraktion. Schließlich wird die Tinktur durch einen Kaffeefilter gefiltert und in einer neuen, dunklen Flasche abgefüllt. Diese Flasche sollte zudem mit Inhalt und Abfülldatum beschriftet werden. Eine solche selbsthergestellte Tinktur hält bei kühler und dunkler Lagerung circa ein Jahr lang.

naturheilkundliches Öl

Anwendungsgebiete: Hauterkrankungen und Verletzungen

Das Öl lässt sich unproblematisch auf die Haut auftragen und zieht gut in das Gewebe ein, was den Heilungsprozess beschleunigt.

Kräuter: Kamille, Arnika, Ringelblume, Aloe Vera, Schafgabe, Jojoba

Herstellung: Das gesammelte frische Kraut muss zunächst ordentlich getrocknet werden. Dazu werden entweder die ganzen Triebe gebündelt im Hängen oder kleinere Pflanzenteile wie einzelne Blätter und Blüten im Liegen getrocknet. Die Trocknungsdauer beträgt circa 3-5 Tage. Anschließend wird das getrocknete Kraut ebenfalls gründlich kleingehackt. Dann wird im folgenden Mischverhältnis das naturheilkundliche Öl hergestellt: 1/3 des Krauts wird mit 2/3 eines geeigneten Basisöls (am besten Sonnenblumen- oder Olivenöl) in einem gut verschließbaren Glas vermengt und je nach gewünschter Intensität auch für 2-4 Wochen an einen sonnigen, warmen Ort gestellt. In der Reifezeit sollte die Mischung regelmäßig leicht durchgeschüttelt werden, damit sich das Öl mit den Pflanzenwirkstoffen gut verbindet. Schließlich wird das Öl durch ein feines Sieb gefiltert und in einem neuen, dunklen Behältnis aufgefangen. Dieses Behältnis sollte mit Inhalt und Abfülldatum gleichfalls beschriftet werden. Ein solches naturheilkundliches Kräuteröl hält bei kühler und dunkler Lagerung circa ein halbes bis ein Jahr lang.

Tee

Anwendungsgebiete: Erkältung, Übelkeit, Nervosität

Kräuter: Salbei oder Brennnessel (Erkältung, Kamille oder Johanniskraut (Übelkeit), Baldrian oder Zitronenmelisse (Nervosität)

Herstellung: Kräuter wie oben beschrieben trocknen und anschließend am besten in einem luftdichten Behälter an einem dunklen Ort lagern. So sind sie als ganze Blätter oder kleingehackt und je nach Geschmack noch mit anderen Gewürzen vermischt als Teemischung jederzeit für einen Teeaufguss verwendbar und circa zwei Jahre haltbar.

Unzählig viele Kräuter und Heilpflanzen lassen sich in der heimischen Küche zu Tinkturen, Ölen, Tees oder ähnlichen Produkten verarbeiten und sich zu einer kleinen hauseigenen Apotheke zusammenstellen.

 


Literaturhinweise:

European Medicines Agency: European Union monographs and list entries. Abgerufen am 23. August 2018 auf dem dazugehörigen Internetportal der www.ema.europa.eu

Sonstiges:

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen dienen ausschließlich zu einem Überblick über das Thema “Heilkräuter und ihre Verwendung” und sind keinesfalls aus Diagnose- oder Therapieanweisung zu verstehen. Bei Verdacht auf Erkrankungen bitten wir unsere Leser, einen Arzt zu konsultieren. Des Weiteren übernimmt das Unternehmen www.vonherzen.online keine Haftung für Schäden irgendeiner Art, die direkt oder indirekt aus der Anwendung der hier gemachten Angaben entstehen!

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